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Philipp Schmidt - Die Ödland Saga: Herrscher der Blutwüste


Erst neulich habe ich den neuen Mad Max gesehen und fand den ehrlich gesagt… ganz okay. Ein netter Endzeit-Action eben. Dann sah ich in den Buchverlosungen bei lovelybooks dieses herrliche Cover – ein altes Musclecar und eine riesige Spinne vor einem blutroten Sonnenunter-gang, dazu dieser Schriftzug, der an ein altes Filmplakat erinnert –, las die Kurzbeschreibung und dachte mir Mad Max trifft Magie? Da musst du mitmachen! Danke auf jeden Fall, dass ich eine Printausgabe bekom-men habe! Find ich sehr cool! Mit der Kurzbeschreibung hat der Autor auf jeden Fall nicht gelogen. Nach mehreren seltsamen und mysteriösen Ereignissen in der Vergangenheit (unserer Zukunft), hat die Welt sich in ein unwirtliches Ödland verwandelt, in der die Menschen nicht nur gegen die Natur – das bestialische Klima und sonderbare und tödliche Kreaturen - sondern auch gegeneinander ums Überleben kämpfen. In dieser Zeit hat Hank, von allen besser unter seinem Spitznamen Der Wanderer bekannt, nur ein Ziel vor Augen: überleben und wenn möglich einen guten Schnitt machen. Als er gerade wieder einmal von einem Diebeszug in Richtung seiner Auftraggeberin unterwegs ist, trifft er auf den jungen Bohdan, der in dem Wanderer ein großes Vorbild sieht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, gewöhnen die beiden sich aneinander, aber Hank merkt schnell, dass Bohdan kein gewöhnlicher Bursche ist, sondern magische Kräfte in ihm schlummern. Und er ist sich unsicher, ob er die richtige Person ist, um sich mit dem Jungen weiter zu beschäftigen. Als Erzähler begleitet man am Anfang in erster Linie Hank und lernt bereits in den ersten Kapiteln einiges über den rauen, taffen, aber doch irgendwie sympathischen Einzelgänger kennen. Erst später wechselt die Sicht auch mal zu Bohdan, um die Geschichte über seine Schultern hinweg zu betrachten. Auf diese Weise erlebt man die Geschehnisse aus zwei Perspektiven, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Hank ist abgebrüht und berechnend, anfänglich egoistisch, später jedoch gewissen-haft und stark. Bohdan ist naiv und neugierig, wächst jedoch im Laufe der doch recht kurzen Geschichte zu einem verantwortungsvollen und glaub-würdigen jungen Mann heran. Auch wenn die Geschichte vor allem in der ersten Hälfte einem Roadtrip gleichkommt, tauchen in der zweiten einige Nebencharaktere auf, deren Wesen und Geschichte ausreichend beleuchtet wird, um diese Interessant zu gestalten. Selbst kleinere Randcharaktere, wie die Bardame Terez oder der alte Angus bekommen mit wenigen Sätzen eine ausreichende Charakterisierung, um diese lebhaft wirken zu lassen. Für ein Buch, das gerade einmal knapp über 200 Seiten bietet (und die erste Hälfte davon wie erwähnt nur für Hank und Boh reserviert ist), eine beeindruckende Leistung. Ein großer Pluspunkt geht hierbei an die Erzählweise. Wie bereits erwähnt, beginnt das Abenteuer der beiden Protagonisten als Roadtrip. Gegen Mitte des Buches erreichen sie den zentralen Handlungspunkt der Geschichte. Der Trip ist actionreich und spannend, in keinem Kapitel kommt irgendwie langeweile auf, selbst in jenen Momenten, in denen Hank und Boh nicht von irgendwelchen Möchtegern-Ureinwohnern oder riesigem Getier verfolgt werden, schafft es der Autor, die Spannung und das Mitgefühl für die Charaktere aufrechtzuerhalten. Ab dem Erreichen von Stone Town fährt der Autor mit dem Tempo zurück, lässt die Charaktere durchatmen, die Sicherheit genießen – ein sehr wichtiger Punkt, den Autoren von Action-Geschichten gerne vergessen! – und richtet den Fokus mehr darauf, die Entwicklung der Charaktere voranzutreiben. Obwohl die Kapitel nun deutlich ruhiger werden, schafft Schmidt es, Spannung aufzubauen, indem er immer wieder kleine Neuig-keiten in die Waagschale wirft, jedoch nie zu viel, um die Spannung zu ruinieren. Natürlich darf man hier keine groß verwinkelten und verschachtelten Geschichten erwarten, wie man es aus vielen Fantasy-Epen kennt, die Geschichte ist eher simpel und wenig überraschend gestrickt, dennoch wusste mir der Schreibstil und die Erzählweise zu gefallen. Ein sehr flüssiger und einfacher Stil, der Spaß macht und sich auch perfekt dazu eignet, wenn man mal nicht so viel Zeit hat, sich in aller Ruhe zum Lesen breit zu machen. Was mich persönlich ein klein wenig gestört hat und der vollen Punktzahl im Weg steht, ist zum Einen der komplexe Prolog, der leider im Laufe der ersten Geschichte in keinster Weise wieder angesprochen wurde (man kann sich vage denken, inwiefern zwei der drei Ereignisse mit dem aktuellen Umständen des Ödlandes zusammenhängen, aber hier bleibt doch sehr sehr viel im Verborgenen), wodurch der Prolog zwar spannend und vielversprechend ist, aber irgendwie nicht zum Rest der Geschichte passt. Zum Anderen das überstürzte Ende. Den finalen Showdown hätte ich mir gerne etwas länger gewünscht. So zehn bis zwanzig Seiten mehr hätten mir wirklich gefallen, vor allem, um die Emotionen des Endes anständig zu verarbeiten. Und um das ein wenig lächerlich wirkende Powerplay des ‘Antagonisten‘ glaubwürdiger zu bzw. weniger übertrieben zu gestalten. Mit Herrscher der Blutwüste eröffnet Philipp Schmidt erfolgreich eine neue Endzeit-Saga, die Lust auf mehr macht. Er hat eine coole postapoka-lyptische Welt erschaffen und eine Vielzahl cooler Charaktere in sie gepackt, auch wenn ich von dem ein oder anderen ein falsches Bild gehabt habe (Jaro war für mich zum Beispiel ein Yosemite-Sam-Verschnitt, bis im Finale geklärt wurde, dass er eine ganze Ecke jünger als Hank ist), hat aber auch genug Platz für Spekulationen und Vermutungen gelassen, da man auf Hanks und Bohdans Tour nicht einmal ansatzweise alle Orte der Ödlande gesehen hat. Ich freue mich schon auf Band 2, Angst und Schrecken in Prak City, einem wirklich Trashigen Titel, aber ich denke, eben genau das macht auch den Charme der Reihe aus. Meine Empfehlung für das Buch geht an alle Fans von alten Groschen-Western, von Endzeit-Szenarien, die sich nicht allzu dystopisch-ernst nehmen, Freunde von Magie, Fans von Genrevertretern wie Mad Max und The Book of Eli, die sich aber auch nicht zu schade sind, mal über Filme wie Arac-Attack oder Angriff der Raketenwürmer zu lachen, aber auch für Freunde von emotionalen Charakterentwicklungen wie zum Beispiel im Videospiel The Last of Us. Als sehr gelungener Auftakt einer Reihe, die eine Menge Potenzial bietet, gebe ich hier ohne schlechtes Gewissen 4 von 5 Sternen.

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