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Madeleine Puljic - Noras Welten: Durch den Nimbus


Oh guck mal! Du hast ein E-Book gewonnen! Und mein Reader liegt noch ungekauft irgendwo in einem Buchladen. Nun ja, hilft nichts. App aufs Handy geladen und losgelesen.

Noras Welten mutete vom Blick auf Cover und Klappentext doch ein wenig nach Jugendroman an. Eine junge Frau mit schönem Haar – das spricht für Romanze. Ein Drache und eine Burg im Hintergrund mutet mittelalterlisch an. Für ein Buch im Selbstverlag ein erstaunlich hoch- wertiges Cover! Der Klappentext sprach auch für sich. Mutete ein wenig nach Tintenherz an ... bzw. eher Tintenblut.


Nora Winter hasst es zu lesen. Nicht, weil sie es nervig oder anstrengend findet, sondern weil sie in den Büchern versinkt. Wortwörtlich. Einmal nicht aufgepasst – flupp – ist sie aus der realen Welt verschwunden und dümpelt ihr Dasein in der fiktionalen Welt des Buches.

Dass das nicht immer einfach ist – gerade, wenn man in einer Geschichte voller Kampf und Krieg landet – liegt auf der Hand. Aus diesem Grund sucht sie den Psychologen Dr. Benjamin Pawell – Ben – auf, der ihr durch Hypnose das Lesen verlernen soll. Dieser aber ist von ihrer Fähigkeit so begeistert, dass er Nora die Hypnose ausredet und stattdessen lernen will, wie sie diese Gabe kontrollieren kann.

Leider klappt das nicht wie geplant und die beiden landen durch einen unvorhergesehenen Zwischenfall in der mittelalterlichen Fantasywelt von Eldinor. Um zu entkommen, müssen sie die Geschichte zu ihrem rechtmäßigen Ende bringen... was kein Problem wäre, wenn sie den Helden der Geschichte nicht gleich zu Beginn in die Gefangenschaft des Bösens übergeben würden...


Der Einstieg in die Story von Noras Welten gelingt wirklich flüssig. Es wird regelmäßig zwischen Noras und Bens Sicht gewechselt, da man aber bei einem begleitenden Erzähler bleibt, stört dieser Wechsel wenig. Die ersten 50 Seiten des E-Books hatte ich in Nullkommanichts gelesen. Der Schreibstil ist leicht, ohne dabei zu unterfordern, der Humor ist subtil und intelligent verpasst, die Protagonisten werden sympathisch in Szene gesetzt (auch wenn Ben ein wenig mehr Informationen hätte bekommen sollen, aber da will die Autorin in späteren Versionen noch nacharbeiten) und auch die wenigen Nebencharaktere, die eingebunden werden, wirken gut durchdacht und niemals unpassend. Vor allem der kleine Drache

Rashouk hat sich in mein Herz gestohlen.

Nicht zuletzt, weil die Echse mich an Mushu aus Mulan erinnert.

Mit Fortschritt der Geschichte bekommen alle namhaften Charaktere mehr Fassade, teils mehr, teils weniger, aber stets für ihre Rolle passend. Alle Bewohner von Eldinor wirken mysteriös, als würden sie etwas Wichtiges verbergen, das Ben und Nora an der Rückkehr in ihre Welt helfen könnte. Die Spannung zwischen den Charakteren ist im steten Wandel, Freundschaften entwickeln sich, zerbrechen wieder und auch die Liebe erblüht zwischen zwei Charakteren. Allerdings deutlich weniger kitschig, als ich es vom Cover erwartet hatte. Die Romanze ist dezent und die meiste Zeit über glaubhaft. Es gab ein paar Seiten und Sätze, die ich ein wenig übertrieben fand, aber alles in allem hat sie mich nie gestört.

Auch an Action wird nicht gespart. Selbst zwischen den größeren, spannend inszenierten Schlachten zwischen den beiden Thronanwärtern gelingt es der Autorin, durch kleinere Spionagepassagen, heimliche Treffen und ähnliche Ereignisse, eine Spannung aufzubauen, die die Geschichte nicht langweilig werden lässt.


... und dann kam der Schluss.

Die letzte Schlacht war geschlagen, die Welt war noch intakt, doch irgendwie musste die Geschichte nun langsam ein Ende finden.

Und das fand sie. Wie ein Fallbeil.

Zack. Einfach Ende.

Was?!

So toll ich die Geschichte fand, so sehr hat mich das Ende einfach verstört. Die letzten vier Kapitel waren einfach vorbei, bevor sie wirklich angefangen haben. Schon in der finalen Schlacht gab es ein paar Kleinigkeiten, die mich störten, aber vor allem die Charakterveränderungen gegen Ende waren mir teilweise einfach zu krass. Auch wurden auf viele Gefühle und Gedanken nicht eingegangen, was vor allem Nora und Ben in ihrer Rolle aus Protagonisten stark geschadet hat. Dadurch gab das Ende mir einen fahlen Beigeschmack.


Das Buch hat nur 260 Seiten, gerne hätte ich noch 50 Seiten mehr gelesen, dafür aber ein besser ausgearbeitetes Ende bekommen. Schade, denn eben diese letzten drei Kapitel haben mir eine beinahe perfekte Story kaputtgemacht. Wenn der Epilog (und die Autorin selbst) nicht eindeutig einen zweiten Band angekündigt hätten, wäre ich deswegen echt sauer.


Noras Welten spiegelt für mich einen gelungenen Auftakt einer interessanten Urban-meets-High-Fantasy-Reihe wieder. Es gibt einige kleinere Schwächen, vor allem gegen Ende, alles in allem begeistert die Geschichte aber mit einer spannenden Handlung, mysteriösen, aber nicht übertriebenen Wendungen, witzigen und interessanten Charakteren und einem wundervollen Humor.

Ich empfehle das Buch allen Fans von Büchermagie, sei es Cornelia Funkes Tintenherz-Reihe oder die Seiten der Welt von Kai Meyer oder anderen Geschichten dieser Art. Auch Fans von High und Low Fantasy kommen hier auf ihre Kosten. Noras Welten bilden einen gelungenen Spagat zwischen erwahsener Fantasy und jugendlicher Romantacy. Leicht, locker und ohne nervigen Kitsch.


Da mich die Geschichte die meiste Zeit über sehr gut unterhalten hat und es nur kleinere Schwächen gab, bekommt dieser Auftakt 4 von 5 Sternen von mir.

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