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Tom Glasauer - Das Geheimnis des Seelenspiegels


Im Sinne der Leserunde auf lovelybooks habe ich ein Printexemplar von Tom Glas- auers Die Geheimnisse des Seelen-spiegels erhaschen können.

Normalerweise bin ich esoterischer Lit- eratur eher abgeneigt, aber die Tatsache, dass die Geschichte wie ein Märchen aufge- baut ist, hat mich schließlich überzeugt, bei der Leserunde mitzumachen.


Mansaar ist Händler in einer orientalisch an- gehauchten Welt in einer unbestimmten Ver- gangenheit. Obwohl er einen guten und ertragreichen Beruf, eine liebevolle Familie und ein gesundes und sicheres Leben hat, fühlt er sich zunehmend Unwohl in seiner Haut. Dies kriegen nicht nur seine Freunde und Mitwerber auf dem Markt zu spüren, sondern letztlich auch seine Familie. Mansaar ent- schließt sich, Hilfe zu suchen, bevor er seine Familie verliert. Zum Glück kennt sein Freund den alten und wundersamen Tanzil, der offensichtlich genau weiß, was Mansaar fehlt. Für den Händler beginnt dadurch eine Reise ins Ungewisse, aber auch in sein Innerstes.


Wie man der kurzen Zusammenfassung der Geschichte schon entnehmen kann, geht es in der Geschichte des Seelenspiegels nicht nur metaphorisch, sondern wirklich direkt um das Krankheitsbild von Burn-Out und den damit verbundenen Depressionen. Autor Tom Glasauer verarbeitet mit diesem kleinen Buch auf eine sonderbare, aber sehr interes- sante Art und Weise seinen eigenen Weg, wie er mit der Krankheit konfrontiert wurde und es schließlich schaffte, mit ihr zu leben (von Heilung will ich in diesem Falle nicht sprechen, da Depressionen wie viele andere schwerwiegenden Krankheiten leider chronisch sind).


Das Cover des Buches ist ansprechend gestaltet, die Farbgebung ist angenehm und trotz der blauen Farbe verträumt und warmherzig. Die Applikationen im oberen Teil und das Schattenbild der Palmen und des Reiters (Mansaar mit seiner Stute) geben einen orientalischen Flair, ohne dabei zu aufgesetzt zu wirken. Besonders möchte ich hier her- vorheben, dass man die Szene auf dem Cover tatsächlich auch im Buch wiederfinden kann! Einen großen Pluspunkt hierfür!


Der Einstieg in die Geschichte gelingt dem Autor recht gut. Erst beschreibt er Mansaars Leben, dann geht er auf seinen Zustand ein. Erst nach einer Weile wird vermutet, dass es sich um eine Krankheit handelt. Vor allem die Art und Weise, wie Glasauer seine eigene Erfahrung mit Ärzten in der Geschichte karikiert, ist ein willkommener und spaßiger Einstieg in ein sonst ernstes Thema. Im Anschluss beginnt Mansaar langsam seinen Heilungsweg – in dieser Geschichte in Lektionen eingeteilt. Die ersten drei Lektionen, muss ich zugeben, fand ich leider etwas fade zu lesen. Bei dem alten Mann Tanzil, der Mansaar maßgeblich auf seine Heilungs- reise vorbereitet, handelt es sich um den wohl wichtigsten Charakter der ganzen Ge- schichte, leider aber auch um den, den ich persönlich am steifesten empfand. Tanzil ist wohl die bodenständigste Verkörperung von Glasauers Therapeuten und damit leider auch die, die am wenigsten den märchenhaften Charakter der Geschichte widergibt. In den drei Lektionen (7 Kapitel und insgesamt 50 Seiten, damit fast ein Viertel des Buches) fühlte ich mich wie als Beisitzer eines psychologischen Erstgespräches. Zwar boten die Gespräche viele wichtige Informationen zur Thematik und auch die ersten und vermutlich wichtigsten Hinweise zur Bekämpfung der Krankheit, aber dennoch zog sich die Ge- schichte an diesem Punkt wirklich akut in die Länge. Die kurze Erzählung Die Legende des Seelenspiegels galt als Auftakt für Mansaars Reise und war der aufregendste Punkt dieses Abschnittes. Zum Glück wendete sich mit Mansaars Reisebeginn das Blatt und die Geschichte nahm märchenhaftere Züge an. Zwar begegnete Mansaar auf seiner Reise immer wieder Gestalten, die die Rolle Tanzils (und damit quasi die Rolle des Therapeutens) über- nahmen, diese wirkten durch ihre Übernatürlichkeit aber viel stimmiger für die Rolle der Geschichte als Märchen bzw. Parabel. Die letzten hundert Seiten der Geschichte lasen sich wieder viel flüssiger und fantasievoller und machten im Großen und Ganzen wirklich Spaß.


Was mir ein wenig missfiel, war die teilweise sehr steife Sprache in den Dialogen. Natürlich muss man bedenken, dass es sich bei dieser Erzählung um ein Märchen aus längst vergessenen Tagen handelt und dass man die Dialoge nicht mit heutigen Sprachmustern vergleichen kann, aber manche Gespräche wirkten auf mich einfach falsch und widernatürlich, beinahe so, als wären sie aus einem Lehrbuch abgelesen wurden. Dies machte sich vor allem immer dann bemerkbar, wenn einer von Mansaars Seelenhelfern ihm eine Lektion näher brachte, Mansaar sie in anderen Worten wieder- holte und man dann die Lektion noch einmal lang und breit erklärte und dabei immer und immer wieder auf die vergangenen Erkenntnisse einging. Natürlich ist mir klar, dass gerade diese ständige Wiederholung der Erkenntnisse ein wichtiger Schlüssel zum Bekämpfen von Depressionen ist, aber wenn man gefühlt alle zehn Seiten immer wieder dieselben Sätze hört, wird es leider schnell anstrengend. Hie und da wäre es also nicht verkehrt gewesen, die Gespräche zu kürzen.


Als kleinen Bonus gibt Glasauer nach der Geschichte auch noch wertvolle Entspan-nungstipps und einen kurzen Erfahrungsbericht, wie der Kampf gegen den Burn-Out bei ihm begann. Lest euch die Seiten durch, auch wenn ihr sonst nicht für Nachwörter zu haben seid. Sie sind wirklich informativ.


Die Geheimnisse des Seelenspiegels ist eine kurze und stimmige Geschichte mit märchenhaftem Stil und ernstem Hintergrund. Unsere Gesellschaft wird immer schnell-lebiger und gewinnorientierter und damit wird das Risiko auf Burn-Out und Depressionen auch immer höher. Aus diesem Grund würde ich das Buch jedem ans Herz legen, vor allem, wenn man ohnehin schon mit Stress und Druck zu tun hat, aber auch, wenn man sich bisher noch wenig bis gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Wer weiß, für was es irgendwann gut sein kann.

Das Buch ist keineswegs perfekt und ersetzt definitiv keine therapeutische Hilfe. Auch als reines Märchen ist es an manchen Stellen einfach zu ernst und langatmig und die ständigen Wiederholungen sind meines Erachtens ein wenig störend. Dennoch habe ich das Buch wirklich gerne gelesen und es wirklich genossen. Die knapp 250 Seiten waren im Nu (5 bis 6 Stunden insgesamt, verteilt auf drei Tage) durchgelesen und werden noch eine Weile in meinem Kopf nachhallen.


Wie so oft fällt es mir bei Büchern wie diesem einfach verdammt schwer, eine passende Bewertung zu treffen. Zum einen sind die Geschichte und vor allem der Hintergrund sehr gut eingefangen und verarbeitet, zum anderen gibt es grobe Schnitzer, die mir an manchen Stellen leider missfallen haben. Ich tendiere wirklich zwischen 3,5 und 4 von 5 Sternen und entscheide mich hier allerdings für die 3,5, weil ich es eben hasse, wenn man nur wegen pädagogischem Wert ein Werk höher bewertet, als es der eigenen Meinung entspricht.

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