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Weiße Taube

Ich sah dich fliegen, lange Zeit,

ließt dich verspielt im Winde tragen,

du schienst die Freiste weit und breit,

zeigtest nie ein Unbehagen.

Dein Tanz wurd' ruhiger mit den Jahr'n,

bald sahst du den ander'n Tauben zu,

erst viel zu spät hab' ich erfahren,

du setztest dich nicht selbst zur Ruh.

Bliebst nie still, du wolltest fliegen,

auch wenn dein Flügel war gebrochen.

Ließt nie die Wehmut dich besiegen,

dich nie vor der Welt verkrochen.

Doch Tag wird Nacht, aus Wasser Eis,

ein Sturz zum Grund in braune Erde,

und dein Gefieder, das einst so weiß,

niemals mehr so glänzen werde.

Bäumst dich auf, es kostet Mühe,

doch weit breitest du die Schwingen aus,

zeigst dieser Welt wie man erblühe

und hebst dich in die Luft hinauf.

Flieg hinauf, du weiße Taube,

find' in der Freiheit nun dein heim,

mir fällt es schwer, doch ich erlaube,

dir fortzuzieh'n, auch wenn ich wein'.

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